Frohe Weihnachten 2023!

Warum Weihnachten in diesem Jahr anders ist

Liebe LöwenStern-Familie, liebe Freunde, liebe Fans des LöwenStern Verlags,

dieses Jahr fällt es mir ganz besonders schwer, eine hoffnungsfrohe Weihnachtsbotschaft zu verfassen. 

Manch einer wird jetzt vielleicht einwenden: „Dann schreib es doch mit ChatGPT! Du bist doch Expertin auf diesem Gebiet, da liegt das doch nahe!“

Nun, das wäre natürlich überhaupt kein Problem, wenn es mir genügen würde, euch mit ein paar allgemein gültigen Formeln abzuspeisen. 

Wenn mein einziges Ziel darin bestehen würde, ein bisschen „Feenstaub“ in die Luft zu pusten und euch beobachten zu lassen, wie sich darin das Kerzenlicht widerspiegelt. 


Hoffnungsvolle Botschaft? Echt jetzt?

Mein Ziel ist es jedoch, eine Botschaft zu formulieren, die eine Künstliche Intelligenz so nicht zustande bringt, weil sie damit noch nie gefüttert worden ist. Etwas Persönliches also!

Es fällt mir dieses Jahr so schwer, eine hoffnungsvolle Botschaft zu formulieren, weil ich immer mehr beobachte, dass Menschen, die sich Christen nennen, völlig unterschiedliche Inhalte mit dem verknüpfen, was sie für das „Christentum“ halten. 

Die Bandbreite reicht von liberalen, freiheitlichen Ansätzen, die viel Spielraum für individuelle Freiheit lassen, bis hin zu streng vermeintlich „rechtgläubigen“ Ansätzen, die Wert legen auf buchstabengenaue Auslegung, wobei sie sich diese Auslegung natürlich selbst vorbehalten. 


Religion? Fakten vs. Sachverhalte

Ja, es mag sein, dass dieses Phänomen nicht neu ist, aber in der heutigen Zeit ist es immer problematischer geworden, sich zu einer (egal welcher!) Religion zu bekennen. Denn die öffentliche Wahrnehmung geht immer stärker in eine Schwarz-Weiß-Richtung, anstatt den Versuch zu unternehmen, Sachverhalte (Achtung: KEINE FAKTEN!!) begreifen zu wollen. 

Ich möchte das ein wenig erläutern … 

Ein „Fakt“ ist zum Beispiel, dass es gestern geregnet hat. 

Ein „Sachverhalt“ jedoch bezieht weitere Umstände mit ein, zum Beispiel, dass der Regen so stark war, dass die Züge nicht fahren konnten und ein Mensch, nennen wir ihn mal Otto, nicht zur Arbeit gelangte.  

Wenn nun am nächsten Tag im Kollegenkreis jemand sagen würde: "Otto ging nicht zur Arbeit, weil es regnete", wäre das zwar FAKTISCH korrekt, aber es bestünde die Gefahr, dass er als Mimose gehänselt würde „wegen der paar Regentropfen“. Und die mobbenden Kollegen würden sich moralisch auch noch im Recht fühlen, weil sie es ja nicht besser wussten.

Fazit: Um Fakten richtig beurteilen zu können, muss man sie in einen größeren Gesamtzusammenhang einordnen. Man braucht einfach viel mehr Zusatzwissen, um etwas richtig beurteilen zu können. Auch wenn es irgendwo schwarz auf weiß geschrieben steht. 

Nehmen wir vielleicht mal ein Beispiel aus der Bibel, um im religiösen Kontext zu bleiben:


Doppelte Schöpfung

Im Buch „Genesis“ (1. Buch Mose) stehen zwei verschiedene Schöpfungsgeschichten.

Die eine erzählt die Schöpfung so, dass „Gott sprach“ und „es ward“, d.h. durch sein Wort kam innerhalb von sechs Tagen alles in die Welt, was heute da ist. Und am siebten Tage ruhte er aus von seiner Arbeit, weshalb die Christen am Sonntag und die Juden am Sabbat bzw. Samstag nicht arbeiten. 

Die zweite Schöpfungsgeschichte erzählt, wie Gott den Adam aus Lehm knetet und später, weil dieser sich so einsam fühlte, den ersten Menschen Adam in einen tiefen Schlaf (wohl so eine Art Koma) fallen ließ und dann eine seiner Rippen entnahm und daraus die erste Frau, die Eva, erschuf. 

Wenn man die Bibel-Texte wörtlich nimmt, bekommt man jetzt ein unlösbares Problem! Denn entweder ist die Welt in sechs Tagen durch „das Wort“ entstanden, wie es auch das Neue Testament später wieder aufgreift, indem der Christus als „das Wort Gottes“ verstanden wird. ODER sie ist durch einen Akt des Ton-Knetens entstanden, wie es auch der Koran später verkünden wird. 

Eigentlich ist es völlig egal, welche Version man hier persönlich bevorzugt, denn aus naturwissenschaftlicher Sicht, ist beides unhaltbar. Aber darauf kommt es sowieso nicht an. 

Wenn wir hier nicht nur auf den Buchstaben starren, sondern uns darauf fokussieren, was die Texte als Botschaft zum Ausdruck bringen wollen, haben wir überhaupt kein Problem!

Der erste Schöpfungsbericht (der zeitlich der später entstandene ist) lehrt uns, dass bei Gott nichts unmöglich ist. Er spricht einfach „Sei!“ und die Dinge materialisieren sich. Folglich ist er allmächtig und erschafft Gutes. „Und Gott sah, dass es gut war.“

Der zweite Schöpfungsbericht lehrt uns, dass unser Gott uns Menschen zugewandt ist, er formt Adam liebevoll aus Ton und bläst ihm den Lebensatem ein. Und er erfüllt dem Menschen sogar spezielle Wünsche. Adam wünschte sich eine Gefährtin, also bekam er eine. Später wird Jesus im Neuen Testament in der Bergpredigt sagen: „Bittet, so wird euch gegeben! Klopft an, so wird euch aufgetan!“ Die frühesten Zeilen unserer Heiligen Schrift sprechen bereits genau davon.


Was will der Text EIGENTLICH sagen?

Aber das, was mich persönlich am allermeisten fasziniert, sind nicht die Botschaften, die diese Texte übermitteln, sondern schlicht die Tatsache, dass sie BEIDE so unvermittelt und unharmonisiert nebeneinander stehen!! 

Keiner der frühen Autoren hat die Notwendigkeit verspürt, hier etwas schreiben zu müssen, was diese beiden Schöpfungsberichte zu einem Text verschmilzt, der keine logischen Fragen aufkommen lassen würde. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Texte so umzustricken, dass sie sich nicht mehr widersprechen. Aber die Schreiber der Bibel haben es NICHT getan! 

Und DAS ist meines Erachtens die EIGENTLICHE Botschaft dieser frühen Texte: 

„Es ist nicht notwendig, Widersprüche zu sehen, wo keine sind!“


Jetzt will ich noch einmal darauf zu sprechen kommen, warum ich mich so schwer tue mit einer hoffnungsfrohen Botschaft in diesem Jahr. 

Vielleicht liegt es an meinem voranschreitenden Lebensalter, aber ich meine zu beobachten, dass in den Sozialen Medien und ganz allgemein in der Gesellschaft das Schwarz-Weiß-Denken stark zugenommen hat. Entweder jemand ist FÜR etwas oder GEGEN etwas, und wehe, er distanziert sich nicht schnell genug von einem Thema, dann wird sofort geschlussfolgert, dass er ja dann wohl dafür sein müsse. Hier gibt es kaum Verständnis für Grautöne, für Zwischentöne, für ein Sowohl-als-Auch, für ein Abwägen oder ein Zaudern. 


Zwischentöne sind auch Farben!

Das wäre meine Hoffnung und mein Wunsch für 2024: 

Dass unsere Gesellschaft wieder lernt, Zwischentöne zuzulassen und Entscheidungen nicht vorschnell zu treffen, sondern langfristig zu planen, nachhaltig zu denken, wertvoll zu handeln. 

Ich wünsche mir, dass Menschen wieder lernen, sich so lange gegenseitig zuzuhören, bis sie wirklich (!) verstanden haben, was der Andere eigentlich meint. Dass mit einbezogen wird, dass Menschen sich oft ungeschickt ausdrücken oder zeitweise gar nicht richtig wissen, was sie meinen wollen. Unsere Welt ist so komplex geworden. Wir können es uns nicht mehr leisten, politische oder wirtschaftliche Schnellschüsse zu machen. Wohin das führen kann, konnten wir während Corona und danach leidvoll beobachten.

Mao Zedong hat einmal gesagt: „Wer nicht für 100 Generationen plant, kann den morgigen Tag nicht überblicken.“ Die Chinesen haben eine viel langfristigere Strategie als wir hier im Westen. Es gilt, immer wachsam zu sein und anderen Menschen und Kulturen mit einer lernenden Grundhaltung zu begegnen. 

Ich würde mir wünschen, dass wir im Westen uns auf das besinnen, was uns ausmacht: Unsere Kultur basiert nicht auf dem Kapitalismus, sondern der Kapitalismus wurde erst ermöglicht durch unsere Kultur, durch unsere Freiheitsliebe und unsere Betonung des Wertes des Einzelnen im Rahmen der Gemeinschaft. 


Freiheit braucht Wertschätzung des Nächsten

Wenn wir unsere Freiheit nicht verlieren wollen, ist es an der Zeit, die Augen zu öffnen und zu sehen, welche Schätze in unseren uralten Texten verborgen liegen! Nicht allein im Buchstaben, sondern gerade auch in dem, was NICHT da steht. 

Ich wünsche euch ein erleuchtetes Weihnachtsfest mit vielen erhellenden Impulsen und Zwischentönen! 

Das Licht und die Liebe Christi sei mit euch allen!

Herzliche Grüße

Renate

 

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